Was haben Sie sich für dieses Jahr vorgenommen?
Gute Vorsätze haben bei vielen einen ambivalenten Ruf. Schnell ist das eigene Scheitern mitgedacht. Das liegt daran, dass wir uns alle schon oft vorgenommen haben, mehr Sport zu machen, endlich abzunehmen, dieses Jahr die Steuererklärung früher zu machen oder die chaotische Ecke wo-auch-immer im Haus diesmal wirklich in Ordnung halten wollen. Und wir alle wissen, wie schwer es ist, im Alltag diese guten Vorsätze auch wirklich umzusetzen.
Dass das so schwer ist, hat mehrere Gründe:
1. Zu viel auf einmal
Im Silvester-Überschwang, gestärkt durch die Feiertage, nimmt man sich gerne zu viel vor. Alles wollen Sie besser und anders machen: Gleich von Anfang an werden Sie diesmal alle Belege ablegen, damit kein Chaos in Ihren Akten entsteht. Sie werden alle Mails und Briefe sofort beantworten. Um das Thema Akquise werden Sie sich vorbildlich kümmern. Neue Projekte haben Sie geplant und sie werden Sie sofort angehen. Ihr Enthusiasmus in allen Ehren, doch irgendwann erlahmt die Kraft und der Alltagsschlendrian kehrt vermutlich wieder ein, wenn Sie sich so viel auf einmal vornehmen.
Tipp: Gehen Sie lieber gezielt einzelne Projekte an. Wenn Sie sich auf wenige Vorhaben konzentrieren, statt „alles zukünftig anders zu machen“, ist die Chance erheblich größer, dass Sie etwas verändern. Danach können Sie sich ja immer noch das nächste Projekt vornehmen. Die Kunst der Veränderung liegt nämlich darin, Erfolgserlebnisse zu sammeln – statt sich nur wieder zu bestätigen, dass man gegen die Macht alter Gewohnheiten doch nicht ankommt.
2. Die Macht der Gewohnheit
Es ist es gar nicht so leicht, mit alten Gewohnheiten zu brechen. Ich z.B. schmeiße meinen Schlüssel, wenn ich nach Hause komme, gerne einfach irgendwohin – mit dem Effekt, dass ich ihn regelmäßig suchen muss, wenn ich wieder los will. Ich weiß längst – wenn ich wirklich will, dass sich an diesem Muster etwas ändert, reicht es nicht, mir einfach vorzunehmen, zukünftig weniger zu suchen. Notwendig ist es, herauszufinden, was ich vom jetzigen Zustand eigentlich habe, z.B. „Wenn ich nach Hause komme, bin ich kaputt und möchte sofort Feierabend haben und alles loslassen“ oder „Ich bin in Gedanken bei allem Möglichen, was ich machen will. Für den Schlüssel gibt es keinen festen Platz und dann landet er halt irgendwo“. Wenn ich will, dass neue Gewohnheiten Einzug halten, die Bestand haben, müssen diese in mein Leben und zu meiner Bedürfnislage passen. Das bedeutet z.B., mir ein Schlüsselbrett direkt an der Tür zu besorgen, wo ich meinen Schlüssel schnell hinhängen kann. Das macht wenig Mühe und ich muss zukünftig nicht mehr suchen.
Tipp: Machen Sie es sich möglichst leicht. Schauen Sie, was Sie organisieren und ändern müssen, damit Ihr Vorsatz realistische Chancen hat. Andere von einem Vorhaben in Kenntnis zu setzen, hilft übrigens auch – so wie ich das jetzt mit Ihnen tue. Es wäre doch zu peinlich, wenn Sie mich demnächst beim Schlüssel suchen erleben…
3. Alles eine Frage des Willens?
Wie ist es mit dem Vorsatz, zukünftig mehr Sport zu treiben? Es spricht doch eigentlich alles dafür: Sie leben gesünder, bauen Muskeln auf, werden beweglicher, nehmen quasi automatisch ab und fühlen sich besser, wenn Sie es schaffen, Bewegung zu einem selbstverständlichen Teil Ihres Alltags zu machen. Warum ist es dann so schwer, diesen Vorsatz umzusetzen?
Ich habe mich mal sehr amüsiert, als ich mich gewundert habe, wie voll es im Schwimmbad im Januar ist und den Bademeister gefragt habe, was denn los sei. Er grinste und sagte, „Keine Sorge. Bald ist es wieder leerer hier. Wenn Sie im Februar wiederkommen, ist alles beim Alten. Das sind jetzt nur die Silvester-Vorsätze.“
Offensichtlich nehmen sich viele Menschen vor, demnächst gesünder zu leben und starten auch anders ins neue Jahr. Dann aber ist es schwer, dran zu bleiben und nicht in den alten Trott zu verfallen. Die Arbeit ist wieder anstrengend und Fernsehen und Sofa sind viel einladender als sich aufzuraffen und zum Schwimmbad, zum Yoga-Kurs oder ins Fitness-Studio zu fahren.
Wenn Sie diesmal wirklich dran bleiben wollen, ist es ratsam, gut zu überlegen, wie Sie ticken: Wann gelingt es Ihnen, gute Vorsätze umzusetzen? Brauchen Sie vielleicht Mitstreiter, die Sie motivieren? Hilft Ihnen ein fester Kurs? Hilft es Ihnen, ein Abkommen mit anderen zu schließen, die Sie im Februar fragen, ob Sie noch regelmäßig Sport machen?
Tipp: Je mehr Ihnen Spaß macht, was Sie sich vornehmen, desto leichter ist es. Suchen Sie sich etwas, was Sie prinzipiell gerne tun. Dann ist es immer noch eine Herausforderung, Sport als neue Gewohnheit in Ihrem Alltag zu etablieren. Aber das Tun selbst ist dann die Belohnung. Meine Erfahrung ist – und motivationspsychologische Forschungen bestätigen dies – dass vor allen Dingen der Anfang schwer ist. Es braucht eine gewisse Übergangszeit, bis sich neue Gewohnheiten etabliert haben. Irgendwann sind Sie im besten Fall der Mensch, der Lust auf Sport hat und der sich ein Leben ohne Bewegung gar nicht mehr vorstellen kann. Dann braucht es keine zusätzlichen Anreize mehr. In der Zeit bis dahin aber helfen äußere Rahmenbedingungen Ihrer inneren Motivationslage auf die Sprünge. Damit das Sofa nicht gewinnt.
4. Selbstdisziplin ist anstrengend
Unsere Selbstdisziplin ist wie ein Muskel, der durch Anstrengung irgendwann erlahmt. Je länger Sie sich zusammen reißen, desto stärker ist die Gefahr, dass ihr „Muskel Selbstdisziplin“ irgendwann nachgibt. Das leckere Dessert im Kühlschrank in der Küche fordert Ihre Selbstdisziplin erheblich mehr als das 5 km weiter im Supermarkt. Dafür müssten Sie sich anstrengen; Sie riechen und sehen es nicht. Der Versuchung jedes Mal zu widerstehen, wenn Sie den Kühlschrank öffnen, um Käse oder Milch herauszuholen, ist deutlich anstrengender.
Fazit: Sie sind gefährdeter, Ihre guten Vorsätze zu vergessen, wenn Sie sich schon den ganzen Tag anstrengen mussten („ich brauche schließlich auch eine Belohnung…..“) und Sie können sich das Realisieren Ihrer guten Absichten erleichtern, wenn Sie Versuchungen beiseite räumen.
Am besten ist es natürlich, wenn Sie Belohnungen finden, die mit Ihren guten Absichten übereinstimmen, wenn Sie z.B. ein gesundes Dessert nach dem Sport essen – nach einer Arbeit, die Ihnen Spaß gemacht hat.
P.S. Ich habe gerade einen Schlüsselkasten erstanden.