Hochbegabt zu sein, ist nicht nur Segen. Womit tun sich Hochbegabte schwer, wenn sie gründen?

In die Welt entlassen, was nicht perfekt ist

Um etwas in die Welt zu bringen und zu veröffentlichen – und dies ist bitter nötig, wenn man sich selbständig macht – braucht es Festlegungen. Wie ist der Name des Unternehmens? Mit welchen Worten soll das Angebot beschrieben werden? Was genau ist überhaupt das Angebot – und was nicht?

Jede Gründung braucht die Balance zwischen Fortentwicklung und Setzung. Die Homepage sollte sich nicht täglich ändern. Eine Corporate Identity zu schaffen bedeutet, einem Unternehmen über längere Zeit ein feststehendes Gesicht zu geben. Dies fordert Entscheidungen – angesichts der Vielzahl MÖGLICHER Varianten eine echte Herausforderung für hochbegabte Gründer und Gründerinnen.

Hochbegabte sind meist sehr perfektionistisch. Ihr vernetztes und anspruchsvolles Denken sucht permanent Verknüpfungen und reicht weit in die Tiefe einer Materie. Hochbegabte wissen sehr genau, dass jede Aussage eine Setzung ist. Etwas IST in der Regel nicht einfach so, sondern irgendjemand beschließt zum jetzigen Zeitpunkt, etwas so und nicht anders zu formulieren. Es könnte aber auch alles ganz anders sein…..

Daher arbeiten und arbeiten viele vor sich hin und haben nach Jahren der Selbständigkeit nur Behelfs-Webseiten. Fragt man, heißt es: „Das Tagesgeschäft…..“ Das ist zwar wahr, doch meist nicht der eigentliche Grund – in Wirklichkeit geht es darum, sich dem eigenen Perfektionismus zu stellen und dem Unternehmen eine Form zu geben.

Dabei gibt es Berufsgruppen, die besonders prädestiniert sind, nie zur eigenen Webseite zu kommen, nämlich die, die professionell mit ihrer Erstellung betraut sind: Texter und Designer. Sie liefern mit der Webseite ja gleich auch die erste Arbeitsprobe ….

Was hilft?

* Das Bindeglied zwischen den Interessen finden und kommunizieren

Für alle, die sich der Welt präsentieren, stellt sich die Frage: Wie kriegt man die eigene Komplexität in Struktur verwandelt? Welche innere Ordnung findet sich im eigenen Angebot?

Wer selbständig ist, muss das eigene Angebot so formen, dass es für Kunden und Kundinnen attraktiv, übersichtlich und verständlich ist. Viele Hochbegabte interessieren sich für viele Dinge und auf den ersten Blick passen sie manchmal gar nicht zusammen. Stimmig für Dritte wird das Ganze erst dann, wenn die innere Verbindung zwischen den scheinbar auseinander strebenden Teilen gefunden ist. Es gibt diese Verbindung immer – nämlich in der Person desjenigen, der sich für diese Dinge interessiert. Und es kann ein spannender und manchmal mühevoller Weg sein, diese Verbindung herauszuarbeiten und in Worte zu fassen.

* Sei Du selbst – alle anderen gibt es schon

Es geht darum, den Mut zu finden, das Eigene in die Welt zu bringen – und dazu zu stehen. Die Orientierung findet sich dabei nur begrenzt im Außen. Natürlich kann man viel lernen davon, wie die anderen es machen; es gibt Standards, die man nicht unterschreiten sollte. Aber letztlich ist das Entscheidende sich zu trauen, der eigenen Kreativität Raum zu geben und ANDERS zu sein. Und das kann ein langer Prozess sein.

* Das Meer der unendlichen Möglichkeiten begrenzen

Es hilft, zeitliche Setzungen vorzunehmen und damit Entscheidungen zu „erzwingen“. Termine mit Freunden, Dienstleistern und Beratern; eine kollegiale Gruppe, die nachfragt – all das hilft sich endlich festzulegen. Bewegung entsteht häufig auch durch eine Veranstaltung, zu der man sich endlich „ordentlich“ präsentieren will. Denn natürlich nagt die „Behelfs-Seite“ auch am perfektionistischen Anspruch. Wer zur Messe fertige Flyer haben will; wer endlich eine professionelle Webseite haben will, kommt nicht umhin, irgendwann in den sauren Apfel zu beißen und irgendeinen Arbeitsstand in die Welt zu entlassen. Im Wissen darum, dass es auch ganz anders gegangen wäre…..Schließlich kann man ja irgendwann einen „Relaunch“ machen.

* Zwischenstände und Unfertiges

Es braucht ein inneres Umdenken, besser Zwischenergebnisse zu veröffentlichen als gar nichts …. Und sich vielleicht ärgerlich und frustriert anzuschauen, wie andere, die viel weniger zu bieten haben, punkten; deshalb weil sie sich schlicht getraut haben, ihr Tun zu veröffentlichen. Besser man erlaubt sich, überhaupt etwas zu machen und zu zeigen, dass zur Not überarbeitet werden muss, als dass das eigene Wissen und Können weiter geheim bleibt…